Beethovens Streichquartette Nr. 7–9
Im Rahmen der Präsentation aller Streichquartette Beethovens in der Reihenfolge ihrer Entstehung erklingen nun die drei Werke op. 59, die als Rasumowsky-Quartette gruppiert werden. Diesen Beinamen verdanken die Quartette ihrem Auftraggeber, dem russischen Diplomaten und Botschafter am Wiener Hof, dem Fürsten Andrej Rasumowsky.
Diese drei Streichquartette, das mittlere in Moll, die beiden anderen in Dur, wurden im Lauf des Jahres 1806 komponiert – einer extrem produktiven Phase Beethovens und eine Zeit des Umbruchs. Nach der Selbstkrönung Napoleons zum Kaiser 1804 nahm Beethoven die Widmung seiner dritten Symphonie, der »Eroica«, wieder zurück, und auch wenn er immer noch finanziell vom Adel abhängig war, suchte er ein neues Publikum im Bürgertum. So fand er Inspiration in Ignaz Schuppanzigh und dessen gleichnamigen Ensemble, das dieses sowie viele weitere Quartette Beethovens uraufführte. Die Komplexität und Schwierigkeit der Musik forderte fortan Musiker und Publikum heraus.
Gerade aufgrund des ersten Satzes wird die Nr. 7 in F-Dur auch als »Eroica der Streichquartette« tituliert: Das Cello singt ein Thema, das von den anderen Instrumenten aufgegriffen und in der Durchführung reich variiert wird. Auch der zweite Satz, ein Scherzo, beginnt mit dem Cello, dem die Violine antwortet – schon hier klingt das Moll-Thema des dritten Satzes an, und es wird die immer engere Verknüpfung der Sätze miteinander spürbar. Das wehmütige Adagio des dritten Satzes geht von einer Violinkadenz und einem Triller direkt in den Abschluss des tänzerischen Allegro-Rondos des Cellos über, das als »Thème Russe« etikettiert ist und sich eines russischen Volkslieds bedient. Der Satz scheint klanglich zart zu verebben, doch rasen in galoppierendem Gelächter neun Schlussakkord-Takte hinterher.
Das Streichquartett Nr. 8 ist in der seltenen Tonart e-Moll verfasst, die Beethoven nur in der Klaviersonate Nr. 27 sowie in einem Satz der neunten Klaviersonate und dem Andante seines vierten Klavierkonzerts benutzt. Nach zwei Akkordschlägen und einer Generalpause eröffnet das aus Dreiklangmotiv und abstürzenden Sechzehnteln bestehende Hauptthema. Die beiden Akkordschläge finden sich 26-mal und der Generalpausentakt 19-mal im ersten Satz und scheinen, eine zögernde Ziellosigkeit zum Ausdruck zu bringen. Eine weitere rhythmische Besonderheit findet sich im dritten Satz, dessen tänzerisches Thema mit Synkopen beginnt und sich des russischen Volkslieds »Sláva Bogu na nebe« bedient. Die Melodie wird im Verlauf kontrapunktisch bearbeitet, während dann im Final-Rondo des vierten Satzes ein tänzerisches Thema in C-Dur beginnt und erst allmählich zur e-Moll-Tonika findet; das vorzeichenlose Thema weist so bereits harmonisch auf das nächste Quartett.
Der erste Satz der Nr. 9 in C-Dur wird langsam durch mehrere unaufgelöste Akkorde eingeleitet, bevor dann eine Solo-Kadenz der Violine zum lebhaften Hauptthema überleitet. Das lyrisch-melancholische Adagio mit Cello-Pizzicati in a-Moll lässt sich als kritischer Blick in eine ungewisse Zukunft verstehen, während der dritte Satz höfische Tänze der Vergangenheit ironisiert, bevor dann der stürmische Abschlusssatz nicht nur dieses Quartett, sondern die ganze Rasumowsky-Gruppe fulminant abschließt. (pm)
Mitwirkende
- Violine Marc Danel
- Violine Gilles Millet
- Bratsche Vlad Bogdanas
- Cello Yovan Markovitch
WEITERE INFORMATIONEN
Titelfoto: © Marco Borggreve