Stadtwappen

Das Lübbener Stadtwappen

Über das Lübbener Stadtwappen, insbesondere über seine Farbe, Form und Herkunft seines Wappentieres, dem Adler, hat es unter den Lübbener Geschichtsschreibern zahlreiche Vermutungen gegeben. Der Heraldiker Otto Hupp beschreibt das Wappen von Lübben als einen schwarzen Adler mit roten Fängen und roter Zunge im goldenen Feld.

Das älteste nachweisbare Stadtsiegel von Lübben, an einer Urkunde des Luckauer Ratsarchivs hängend, welche am 1. Juli 1438 vom Rat der Stadt Lübben ausgestellt wurde, zeigt bereits den einköpfigen, nach rechts gewendeten Adler. Von der Majuskelumschrift (Majuskel = Großbuchstaben) ist nur noch „...VITATIS“ erkennbar. Die vollständige Umschreibung hieß demnach vermutlich „SIGILLVM CIVITATIS LVBENSIS“. Die Verwendung der Majuskelschrift deutet auf eine Herstellung des Siegels im 14. Jahrhundert. Möglicherweise handelt es sich dabei um das bereits 1384 im Stadtbuch erwähnte Stadtsiegel.

Einer Akte des Lübbener Stadtarchivbestandes ist eine Beschreibung des Stadtwappens zu entnehmen, die der Rat der Stadt selbst abgegeben hat. Dies geschah auf Veranlassung des Sächsischen Land- und Grenzkommissars Adam Friedrich Zürner, der auf Befehl des Kurfürsten August des Starken mit den Arbeiten zu einem Spezialatlas der Sächsischen Lande beauftragt worden war. In diesem Zusammenhang wandte sich Zürner in einem Schreiben, wie an alle niederlausitzischen Städte, so auch nach Lübben mit der Bitte, nicht nur „geographische Nachrichten“ über die Stadt abzugeben, sondern auch „was sie vor ein Wappen führt, mit Beschreibung der darin befindlichen Figures, Felder, Ornaments, und ihrs Couleurs, ingleich mit was vor Siegelwachs gesiegelt wird...“.

Der Rat der Stadt kam dieser Aufforderung erst nach mehrfachen Ermahnungen des Landesherrn Herzog Moritz von Sachsen-Merseburg im Jahre 1723 nach. In den rathäuslichen Ausführungen heißt es unter anderem: „ Der Stadt Lübben jetziges Rathssiegel führt einen schwarzen Adler, im gelben feldt, wie die Figur zeiget, führt schwarzes Wachs.“ Um die Beschreibung bildlich zu verdeutlichen, wurden Wachsabdrucke von den Siegeln angefertigt, die wohl nicht zur Zufriedenheit ausfielen und deshalb durch recht eigentümliche Handzeichnungen ergänzt wurden. Ihre Ausführung geschah offensichtlich in aller Eile, denn nur so ist die seitenverkehrte Wiedergabe des Adlers im Wappen zu erklären (siehe Abbildung).

Eine weitere Beschreibung nahm im Jahre 1840 der damalige Bürgermeister und Geschichtsschreiber Johann Wilhelm Neumann vor: „es ist dasselbe vielmehr von Alters her nicht anders bekannt und besteht in einem schwarzen Adler ohne Krone, auf goldenem Schild. Wo dasselbe ausgemalt ist, findet es sich zwischen zwei grünen Palmenzweigen und von einer roten, mit goldenen Fransen, inwendig aber weißen, besetzten Mantel oder Schilddecke umgeben.“ In dieser Farbe und Form war das Wappen 1753 über den beiden Eingangstüren des neuen Rathauses angebracht worden. Auch die Siegelstempel weisen bis in das 20. Jahrhundert diese Prägung auf.

Um 1913 rückte das Wappen in der von Neumann beschriebenen Form in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses, als nämlich von verschiedenen Seiten seine heraldische Richtigkeit in Frage gestellt wurde. Der Rat der Stadt, verständlicherweise sehr verunsichert, zog mehrere kompetente Personen zu Rate. Otto Haak, ein Heraldiker und Genealoge aus Berlin, der Lübbener Oberlehrer Dr. Glasenapp und der sich um die Geschichte der Stadt besonders verdient gemachte Robert Daenicke wurden beauftragt, Gutachten über das Wappen zu erstellen und eine korrekte Darstellungsweise, besonders des Adlers, vorzunehmen.

Trotz einer recht kontrovers geführten Auseinandersetzung konnte in zwei Punkten Einigkeit erzielt werden. Nach einhelliger Meinung gehörten die erwähnten Palmenzweige sowie der Mantel nicht zum eigentlichen Wappen, da sie bei früheren Siegeldarstellungen völlig fehlten. Höchstwahrscheinlich, so vermuteten die Fachleute, handelte es sich dabei um Zusätze aus einer Zeit, da die Ausschmückung und Verzierung von Wappen weit verbreitet war. Übereinstimmend äußerten sich die Beteiligten auch darüber, dass die genaue Herkunft des Adlers nicht zu bestimmen sei, obwohl die Spekulationen darüber ein breites Spektrum bildeten.

Die von Neumann vertretene, weitverbreitete Auffassung, dass das Wappen der Stadt Lübben von Albrecht dem Bären, Herr der Lausitz von 1124-1131, verliehen wurde, erwies sich schon deshalb als unhaltbar, da Lübben als Stadt erst ca. 1220 gegründet wurde. Außerdem haben sich erst im Laufe des 13./14. Jahrhunderts bestimmte Symbols zu Stadtwappen entwickelt. Eine Verleihung durch den jeweiligen Landesherrn an eine Stadt kann demzufolge auch erst zu dieser Zeit erfolgt sein. Aus demselben Grund kann der Adler auch nicht der alte, ursprünglich einköpfige Reichsadler des Kaisers sein, den auch der Markgraf der Lausitz führte, obwohl in diesem Falle die Farben schwarz und gelb zutreffend wären.

Da sich Lübben im Laufe seiner Geschichte des Öfteren unter brandenburgischer Herrschaft befand, wäre es möglicherweise denkbar, dass der Adler ein brandenburgischer ist, der eigentlich rot, im silbernen Feld stehend, dargestellt werden müsste. Dahingehende Änderungsvorschläge von Otto Haak lehnte der Rat der Stadt Lübben, der auf seine traditionellen, vom Wappen abgeleiteten, schwarz-gelben Stadtfarben nicht verzichten wollte, entschieden ab.

Er beauftragte Robert Daenicke, den Adler einer künstlerischen Revision zu unterziehen und einen entsprechend neuen Wappenentwurf zu erarbeiten. Robert Daenicke sprach sich für einen Adler im Renaissancestil aus, wie er auf dem Kartuschenschild eines Lübbener Stadtwappens des 16. Jahrhunderts dargestellt ist. Der Vorschlag wurde angenommen und ihm verdankt die Stadt Lübben sein Wappen in der heutigen Form. 1995 wurde das Stadtwappen mit einer nach unten abgerundeter Schildform durch das Innenministerium des Landes Brandenburg bestätigt.

Zur Stadtfahne bleibt zu bemerken, dass es eine solche im eigentlichen Sinne nachweislich in älterer Zeit nicht gegeben hat. Hinweise auf einst vorhandene Fahnen beziehen sich stets auf die Schützenfahne der Schützengilde Lübbens. Es liegt die Vermutung nahe, dass sich der Rat der Stadt Lübben und die gesamte Bürgerschaft in so enger Beziehung zu den Schützenfahnen befunden hat, dass man die Anschaffung einer eigenen Fahne für unnötig erachtete. Ohnehin wurde die Herstellung der Schützenfahne des Öfteren aus der Stadtkasse finanziert. Einen ersten Hinweis darauf findet man unter „Gemeinnützige Ausgaben“ in den Stadtrechnungen von 1563, ebenso im Jahre 1595.

In den Stadtrechnungen von 1619 steht unter „Schützengebühr“ ein Eintrag über 2 Florentiner Gulden, 3 Groschen „vor 5 Ellen farben Carteck zur Schützenfahne“ und 2 Groschen 3 Pfennige „vor rote Seide“.

Im Jahre 1647 wurde der Schützengilde sogar eine Fahne in den schwarz-gelben Stadtfarben verliehen. Beim Königsschießen desselben Jahres konnte zwischen den beiden Bürgermeistern Leddin und Leupold infolge eines Prellschusses keine Entscheidung zum Schützenkönig gefällt werden. So stifteten beide den Königspreis der Schützengilde „zur Newn Fahnen, weil die vorige durch die Plünderung aus der Laden obhanden kommen...“ ist. Diese Fahne wurde aus schwarzem und gelbem Taft gefertigt. Die Stadtfarben wurden vermutlich im Hinblick auf die Position der beiden Spender gewählt.

Die tiefe Verbundenheit der Bürgerschaft zur Schützenfahne wird dadurch verdeutlicht, dass sich dieselbe, soweit es nachweisbar ist, stets im Rathaus zur Aufbewahrung befunden hat. Zu besonderen Feierlichkeiten und gemeinsamen Aufzügen wechselten sich Mitglieder der Schützengilde und ausgewählte Mitglieder der Bürgerschaft alle zwei Tage bei der Fahnenwacht ab. Es ist also nicht verwunderlich, dass der Rat der Stadt und die Bürger von Lübben aufgrund jahrhundertlanger Tradition der Auffassung waren, mit gutem Recht ihrerseits einen gewissen Anspruch auf die Schützenfahne erheben zu können. Dies führte trotz des allgemein guten Einvernehmens zwischen Rat und Schützengilde im Jahre 1751 zu ernstlichen Differenzen, und die 1647 gestiftete Fahne war es, die zum direkten Streitobjekt wurde.

Als am 30. November 1751 das neue Rathaus bezogen werden sollte, ordnete der Bürgermeister Carl Christoph Besser eigenmächtig an, die Schützenfahne durch eine „Bürgerkompagnie“ aus dem alten in das neue Gebäude zu überführen, ohne vorher in irgendeiner Weise die Genehmigung des Schützenältesten eingeholt zu haben. Der über diese Formverletzung äußerst aufgebrachte Schützenälteste Martin Christoph Geras richtete daraufhin ein Beschwerdeschreiben über die Oberamtsregierung an den Landesherrn, Kurfürst Friedrich August von Sachsen.

Ebenso ließ er dem Rat in aller Deutlichkeit mitteilen, dass die Fahne der Schützensozietät gehöre. Niemand anderes als der jeweilige „Senior“ habe Anordnungen über ihren Gebrauch zu treffen, der Magistrat aber sei von aller Befugnis ausgeschlossen. Dies wurde vom Rat als „alberne Impressionen“ abgetan, zumal die Fahne, so wörtlich: „ bei gemeinsamen Aufzügen der Bürgerschaft schon immer als Stadtfahne gebraucht und von der Bürgerschaft und der Schützengesellschaft geführt wurde.“

Nachdem allerdings auch Kurfürst Friedrich August von Sachsen dem Rat der Stadt durch die Oberamtsregierung sein Befremden über die „in eigenmächtiger und ungebührlicher Weise veranstaltete und vollzogenen Einweihung des neuen Rathauses“ mitteilen ließ, kam man um eine Entschuldigung nicht umhin und so konnte der Streit beigelegt werden. Ob zu einem späteren Zeitpunkt eine Stadtfahne existiert hat, lässt sich nicht nachweisen. In den Stadtakten findet man darauf keinen Hinweis.

Die heute bestehende Stadtfahne geht auf einen Beschluss der Stadtverordneten vom 29. Juni 2000 zurück. Sie besteht aus den schwarz-gelben Stadtfarben, in der Mitte ein schwarzumrandetes Wappenschild mit dem Adler. Diese Darstellungsform wurde am 18. Juli 2000 vom Innenministerium des Landes Brandenburg bestätigt.

Text: Kathrin Schröder